Wie ein Grabmal entsteht, Teil 7...

Bei diesem Beispiel handelt es sich nicht um einen "ganzen Stein", sondern um ein wesentliches Detail, dessen Herstellung ziemlich viel Aufwand erforderte.

Die hier zu sehenden Dame ist Teil eines großen Familiengrabes.  Irgendwann im Laufe ihres Daseins ist ihr die rechte Hand abhanden gekommen.

Die Familie wünschte, diesen unschönen Zustand zu ändern.

Man fragte uns, ob wir in der Lage seien, sozusagen mittels "plastischer Chirurgie", hier Abhilfe zu schaffen.

Außerdem fehlte, bei genauem Hinsehen wird´s deutlich, ein Teil des Naturstein-Kreuzes, das die Figur in der linken Hand gehalten hatte.

 

Das Kreuz war eine leichte Übung, die Hand hingegen eine eher komplizierte Aufgabe.


Unsere Kundin war die Inhaberin des Hamburger Panoptikums - somit eine Expertin mit hohen Ansprüchen und einem sehr guten Auge für´s Detail.

Es galt also, eine absolute Präzisionsarbeit abzuliefern.

Das begann bei der Auswahl des Materials - verwendet wurde der legendäre "Carrara- Marmor", und setzte sich mit ersten Handskizzen (im wahrsten Wortsinn...) und dem Anfertigen eines Tonmodells fort.


"Stimmt" die Hand so tatsächlich ?

Um das zu klären, wurde das Modell zur Probe einfach mal "drangeklebt", von allen Seiten gemeinsam mit der Kundin kritisch betrachtet - und für gut befunden


Es konnte also losgehen...
Die Konturen wurden auf das Rohstück aufgezeichnet und die Form langsam "freigelegt".

Zur Bearbeitung haben wir heutzutage Werkzeuge und Maschinen zur Verfügung, von denen die Altvorderen, die damals das Original angefertigt haben, nicht mal zu träumen gewagt hätten.

Man ist automatisch voller Bewunderung für die Bildhauer vergangener Zeiten, wenn man sich klar macht, wie viel mehr Mühe die Arbeit damals gemacht hat!

Mit der "kleinen Flex des zwanzigsten Jahrhunderts" kommt man gut voran, dafür hat ein etwas zu zu tiefer, spontaner Schnitt natürlich tragische Folgen.

Daher wird auch nur die grobe Form herausgearbeitet, und dann wird mit "konventionellem Werkzeug" weiter gearbeitet.

Die Tonform zur Orientierung ist dabei immer im Blick.

Das Objekt war sehr handlich - was den Nachteil hat, daß man es zur Bearbeitung irgendwie fixieren muß.

Mann kann dazu einen Sandsack oder eine Sandkiste verwenden, in die man das Werkstück legt.

Wir verwendeten zunächst eine simple Schraubzwinge - das funktionierte aber nur so lange, wie der kantige Sockel noch vorhanden war.

Und nachdem dieser überflüssige Schaft abgetrennt worden war, höhlten wir ein Stück Polystyrol-Wärmedämmung so weit aus, daß die Hand bequem weiter bearbeitet werden konnte, ohne zu "wackeln":

 


Die "Anprobe" - oder besser eine von vielen Proben, denn es bedurfte etlicher Versuche und viel Nacharbeit, bis endlich alles paßte.

Die Befestigung erfolgte mit einem Edelstahldübel und einem 2-Komponenten Spezialkleber, der allerdings nur bis zu einer bestimmten Mindesttemperatur zum Einsatz kommen durfte.

Wir hatten unseren Kunden versprochen:

"Zu Weihnachten ist alles fertig".

Die Zeit drängte, nachdem sich die oben beschriebenen Anpassungsarbeiten in die Länge gezogen hatten, und - wie sollte es anders sein  - ausgerechnet in der Woche vor Weihnachten gab es starken Nachtfrost.

Zur Sicherheit wurde die Hand mehrfach verkeilt, fixiert und festgebunden.

("Wenn die runterknallt - eine Katastrophe!")

Zum Schutz gegen die Kälte bauten wir ein recht komfortables Zelt und verordneten der Patientin eine Bestrahlung.

Die nächtlichen Alpträume von abfackelten Zeltplanen, einer schwarz verrusten Figur, einer heruntergefallenen und am Boden zersplitterten (oder zumindest wackelnden!) Hand bewahrheiteten sich NICHT:


Am nächsten Morgen herrschte im Zelt eine wohlig-gemütliche Temperatur, alles war fest und die Erleichterung auf unserer Seite groß.

Und wer genau hinsah, der konnte angesichts so umfassender, unerwarteter Zuwendung die Spur eines leicht verwunderten, dankbaren Lächelns auf dem Antlitz unserer Patientin erahnen...


 

 

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